Die Minerva-Riffe sind zwei atollähnliche Korallenriffe mitten im Pazifik zwischen Tonga, Fidschi und Neuseeland. Ein ganz spezieller Ort sind sie deshalb, weil die ganzen Riffe unter Wasser sind und sich keine einzige Insel gebildet hat. Für uns Seefahrer sind sie deswegen nicht nur ganz speziell interessant, sondern vor allem auch ganz speziell gefährlich. Wir segeln gerade mit gut sieben Knoten auf das nördliche Minerva Riff zu. Ein Atoll mit fast sieben Kilometer Durchmesser! Laut unserem GPS sind es nur noch zwei Seemeilen (also rund 15 Minuten) bis zum Nordende, doch vom Riff sehen wir noch überhaupt nichts. Heute sind wir dank Satellitennavigation und guten Karten vorgewarnt und können präzise navigieren. Früher hätten uns auch nur eine Viertelstunde Unaufmerksamkeit unser Schiff und vermutlich auch unser Leben gekostet. Dann endlich sehen wir am Horizont eine feine Wellenlinie, welche die das normale Wellenbild unnatürlich durchbricht. Wir haben es bis zum ersten Wegpunkt unserer Überfahrt nach Neuseeland geschafft. Noch sind wir nicht ganz sicher, ob wir nicht eventuell noch am selben Tag weiter wollen. Doch jetzt heisst es erst mal ins geschützte Atoll fahren und die neusten Wetterdaten studieren. Die Einfahrt ist beim aktuellen Ostwind sehr gut geschützt und bereitet uns überhaupt keine Schwierigkeiten. Auch das Ankern ist denkbar einfach. Auf 15 m Tiefe, welche wir dank des kristallklaren Wassers gut auf Steine absuchen können, hält der Anker sofort. Zwei Stunden lang studieren wir die verschiedenen Windmodelle, schauen und Wellenprognosen an, überlegen hin und her, dann steht die Entscheidung fest: Wir bleiben noch einige Tage hier.
Die ersten beiden Tage bläst der Wind mit durchschnittlich 25 Knoten und es Regnet auch immer mal wieder. Gerade gemütlich ist dies nicht, und zu viert auf dem Schiff wird es eng und bald ist auch alles feucht. Da wir aber sowieso etwas Schlaf nachzuholen haben, stört uns auch das nicht sonderlich und am dritten Tag begrüsst uns als Entschädigung schon am Morgen die Sonne und lädt endlich zum Entdecken ein. Da ein Landausflug nicht infrage kommt, bleiben nur Wasseraktivitäten übrig. Der erste Ausflug führt uns, zusammen mit fast allen anderen Seglern welche hier ankern, zum Schnorcheln an der Aussenseite des Riffes. Mit dem Dinghy geht es durch die Passage aufs offene Meer hinaus und dann direkt backbord wieder ans Riff ran. Nachdem wir unser Dinghy an ein anderes gebunden haben werden die Flossen, Tauchermasken und er Schnorchel montiert, die Kamera bereit gemacht und eingetaucht. Wow! Unter uns ist ein Korallengarten mit Hunderten von Fischen, welche in allen Farben leuchten. Noch am selben Abend treffen wir uns auf einem der Schiffe zu einem gemeinsamen Abendessen. Rund 40 Segler drängen sich auf einem Katamaran und wir geniessen allerlei frisch gekochtes und gebackenes, denn jeder hat etwas mitgebracht. Den Abend lassen wir bei ein paar Drinks auf der „Blue Beryll“, einem Schiff welches wir vor 3 Jahren auf den Kanaren das erste Mal getroffen haben ausklingen. Was für ein spezieller Tag, so weit weg von allem und jedem, mit einem Haufen gleichgesinnter auf das Leben anzustossen.
Trotz allem, sitzt uns ein Thema immer im Nacken: Die Überfahrt nach Neuseeland. Zweimal am Tag studieren wir die Winddaten und fast immer, wenn wir mit anderen Seglern sprechen, dreht sich das Gespräch früher oder später über den ideal Startzeitpunkt. Denn das Wetter sieht alles andere als ideal aus. Zwar scheint kein Sturm aufzuziehen, doch in rund 4 Tagen wird es, für zwei Tage ganz schön starken Ostwind geben, der gut und gerne bis 35 Knoten anziehen könnte. Das ist nicht besonders gefährlich, aber doch irgendwie ungemütlich, da die Wellen dabei schnell mal 3 Meter hoch werden. Etwas weiter südlich ist der Wind zwar weniger stark, dafür ist dort die Windrichtung etwas schlechter. Hinzu kommt, dass der Wind die nächsten Tage meistens aus Süden kommt und so ein „südlich kommen“ relativ schwer macht. Wir entscheiden uns, weiter abzuwarten, da aktuell auch noch eine Gewitterfront zwischen und Neuseeland sitzt und sich nicht bewegen will.
Der nächste Tag verbringen wir bei bestem Wetter. Wir gehen schnorcheln, parkieren vom Nordosten in den Süden des Atolls um und lassen es uns auch kulinarisch noch einmal richtig gut gehen. Obwohl die neusten Wetterdaten kein bisschen besser aussehen, entscheiden wir doch am nächsten Morgen loszusegeln. Der Plan ist einfach: Wir fahren drei Tage gegen den Wind, um am dritten Tag so weit südlich zu sein, dass uns der stärkere Wind nicht mehr so hart erwischt. Dann sollte gut einen Tag der Wind auf 25 Knoten zunehmen, dabei zum Glück aber auch etwas nach hinten drehen, sodass wir einen Halbwindkurs fahren können. Danach fahren wir in eine Flaute, um nach einem Tag unter Motor in Neuseeland anzukommen. Alle anderen Schiffe hier auf dem Riff scheinen noch zwei Tage warten zu wollen, was bedeutet, dass sie weniger hart am Wind segeln müssen, dafür auch etwas mehr und auch länger viel Wind haben. Wie es dann wirklich wird, soll wie immer eine Überraschung bleiben.
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