Schon in Tonga haben wir uns entschieden, sobald wir in Neuseeland sind, wollen wir Velos am Bord haben. Einerseits sind diese, da auch in Neuseeland Supermärkte oft etwas ausserhalb des Zentrums sind, super praktisch um Einkaufen zu gehen, andererseits erhöht sich damit, für uns auch die Reichweite ins Landesinnere erheblich, ohne immer gleich ein Auto mieten zu müssen. Öffentlicher Verkehr gibt es auch in Neuseeland kaum und so ist auch eine Fahrt mit dem Bus meistens keine Option. Also haben wir uns direkt am zweiten Tag nach unserer Ankunft online Faltvelos bestellt, die eigentlich innerhalb von zwei Tagen hätten ankommen sollen. Wie ihr merkt, sie hätten, sind aber natürlich nicht. Und da wir, nachdem Susumo und Chai gegangen sind, trotzdem nicht in der Marina von Opua bleiben wollten, haben wir einen Plan geschmiedet. Doch dazu später mehr.
Tom von der “Que Mas” ist mittlerweile auch in Neuseeland angekommen und hat sich mit seiner Schweizer Crew kurzerhand entschieden, uns einen kurzen Besuch abzustatten. Ein Kaffee später ist klar, wir gehen zusammen nach Russell um dort, im “Hell Hole” des Pazifiks, im ältesten Pub Neuseelands ein Bier zu trinken. Wieso Hell Hole? Russell war im 19. Jahrhundert der dreh und Angelpunkt für Whalfänger, Segler und sonstige Seemänner. Und mit den Seefahrern kommt auch alles, was in der damaligen Zeit dazugehört hat. Heute ist Russell weit vom “Hell Hole” entfernt und nach unserem Geschmack sogar etwas zu chic. Das sagenumwobene “erste Pub von Neuseeland” ist ein teures Hotel und auch sonst sind wir in einem leicht überteuerten und vor allem übermässig touristischen Ort gelandet. Da die Bucht sowieso randvoll mit Mooringbojen ist, und der Wind die nächsten Tage nicht vorteilhaft bläst, entscheiden wir uns, am nächsten Morgen eine Bucht weiterzufahren. Und was für eine Überraschung. Perfekter Sandstrand, atemberaubende Aussicht, ein herrlicher Spaziergang auf eine Klippe mit Sicht über die ganze Bay of Islands und nur ein einziges anderes Schiff, welches dort parkiert ist.
Doch jetzt zurück zu unserem Plan. Der sieht nämlich so aus, dass wir, sobald die Velos angekommen sind, wir zu Fuss zurück nach Opua gehen wollen, dort die Velos abholen und dann mit den Velos direkt zurück zum Schiff zu fahren. Der erste Dämpfer erhält der Plan schon als die Velos noch einmal einen Tag später ankommen als gehofft. Dann aber sagt das Tracking schon am morgen, die Dinger sind im Lastwagen zur Auslieferung unterwegs. Also machen auch wir uns nach dem Mittagessen auf den Weg. Da wir jetzt jedoch eine Bucht weiter weg liegen als ursprünglich gedacht, zeigt sich schon bald: Das wird sportlich! In Russell erwischen wir, weil wir die letzten Meter rennen, perfekt eine Fähre und so scheint es, als wären wir langsam wieder im Plan. Trotzdem ist es immer noch knapp, die Marina bis um 5 Uhr, wenn sie das Office schliessen, zu erreichen. Falls es nicht reichen würde, könnten wir natürlich immer noch kurz anrufen und fragen, ob sie die Pakete hinausstellen können, denn ohne Velos wäre erstens der Ausflug sinnlos gewesen und zweitens die Rückreise sehr, sehr lange. Immer wieder schauen wir auch das Paket-Tracking im Internet an, nur um immer wieder festzustellen, dass das Paket offensichtlich noch nicht angekommen ist. Am Ende schaffen wir es tatsächlich um 10 vor 5 bei der Marina zu sein. Leider bringt uns das jetzt auch nicht weiter, weil die Velos ja noch nicht ausgeliefert wurden. Mist! Und so bleibt uns nichts anderes übrig, als vor der Tür zu sitzen und abzuwarten, bis der Lieferwagen vorfährt. Und während wir so gemütlich am Warten sind, kommen uns langsam die Zweifel, ob das wirklich eine gute Idee gewesen ist. Was, wenn die Velos gar nicht zusammengebaut sind? Nicht fahrbereit? Ist bei neuen Velos nicht normalerweise keine Luft in den Reifen? Wenn es so spät wird, bräuchten wir ja eigentlich Licht für den Heimweg. Wir waren mal wieder viel zu naiv.
Zwei Stunden und ein Abendessen später klingelt das Telefon. Der Lastwagenchauffeur will nachfragen, ob so spät am Abend überhaupt noch jemand da ist, der das Paket entgegennimmt. Natürlich! Und so packen wir bald darauf unsere neuen Velos aus. Glück gehabt. Die Velos sind zusammengeschraubt, doch selbstverständlich sind die Reifen nicht aufgepumpt. Und genau jetzt scheint die Marina komplett ausgestorben zu sein. Weit und breit kein anderer Segler, der uns mit einer Pumpe aushelfen könnte. So stehen wir jetzt verloren da, während die Sonne sich erbarmungslos dem Horizont nähert und denke unsere Möglichkeiten durch. Opua selber ist kaum als Dorf zu bezeichnen und besteht eigentlich nur aus Bootsindustrie und einem Einkaufsladen. Um diese Zeit am Abend ist aber natürlich alles geschlossen. Nach rund 20 Minuten haben wir dann doch Glück. Ein anderer Segler stolpert über uns und tatsächlich hat er auch selber Velos dabei und darum auch eine Pumpe! Wir sind gerettet! Nach einer kurzen Fahrt mit der Fähre heisst es jetzt nur noch Radeln so schnell es geht, denn das Velolicht-Problem haben wir ja noch immer nicht gelöst und soeben ist die Sonne untergegangen.
Die folgenden Tage brauchen wir unsere neuen Velos dann gleich mal nicht. Denn wir wollen jetzt die vielen kleinen Inseln, welche der Bay of Islands ihren Namen gegeben haben, erkunden. Die meisten davon sind in einer Stunde zu Fuss umrundet. Hier braucht es wirklich nicht mehr als Flipflops. Gleich die erste Insel bietet aber neben einem Spaziergang zu einem super Aussichtspunkt auch ein Gezeitenpool mit Schnorchelweg. Dabei sind auf dem Meeresboden, zwischen den Algen und einer Vielzahl von Fischen sogar Infoschilder platziert, welche die Unterwasser-Flora und Fauna erklären. Was für ein cooler Ort. Auch die nächsten Inseln mit wohlklingenden Namen wie Moturua oder Urupukapuka Island sind nicht weniger cool. Besonders zieht uns die Vielfalt an uns unbekannten Vögel in ihren Bann. Ein wahres Konzert an fremdartigem Gezwitscher begleitet uns auf jedem Schritt und immer wieder sehen wir neue Vögel. Zum Beispiel der farbenfrohe Tui mit der speziellen Stimme, der extrem seltene Saddleback der aussieht als hätte er einen ledernen Sattel auf dem Rücken oder der farbenfrohe Kākā, einer der vielen neuseeländischen Papagei arten. So packen wir jeden Morgen unseren Rucksack mit frisch gemachten Sandwiches und genug Wasser und begeben uns auf Erkundungstour.
Bevor es uns hier langweilig werden kann, müssen wir aber auch schon weiter, denn in weniger als einer Woche haben wir einen Termin am Kran in Whangarei wo unser Schiff ausgewassert wird. Bis dahin sind es jetzt aber noch fast 70 Meilen zu segeln und so bleibt uns nichts anderes übrig als Abschied zu nehmen von der Bay of Island und langsam in Richtung Süden weiterzusegeln. Als krönender Abschluss steht Ausgang der Bay of Islands, die touristische Hauptattraktion der Gegend. Nur wenige hundert Meter vor dem Kapp ist ein grosser Felsen, welcher auf Meereshöhe von einem Loch durchstochen ist. Ein Loch gross genug, dass auch grössere Ausflugsboote hindurchfahren können. Für uns ist wegen des hohen Masts dann doch kein Durchkommen und so müssen wir uns das “Hole in the Rock” aus sicherer Distanz anschauen.
Nur wenige Meilen südlich vom “Hole in the Rock” ist schon unser nächster Halt. Ein Halt, auf den wir uns ganz besonders gefreut haben. In einer tiefen Bucht liegen dort nämlich die Ruinen einer alten Walfängerstation. Und obwohl von der Wahlfängergeschichte nur noch wenige Mauern stehen, macht die wunderschöne Bucht dies zu einem der absolut schönsten Ankerplätze. Tatsächlich ist es aber auch einer der sichersten Ankerbuchten in der Umgebung, was uns, in Anbetracht des Sturmes der für die kommende Nacht angesagt ist, gelegen kommt. Obwohl wir etwas mehr Wind haben, merken wir tatsächlich sehr wenig vom Sturm und können wunderbar ruhig schlafen.
2 Comments
Que Mas · January 14, 2024 at 8:32 am
Hallo Ihr Lieben,
zuerst einmal wünsche ich euch ein erlebnisreiches Neues Jahr. Wie geht es euch und wo treibt Ihr euch rum?
Am 18. Januar werde ich mal wieder alleine in Neuseeland aufschlagen, meine Schwester hat leider einen schweren Bandscheibenvorfall und konnte nicht mitkommen :-(.
Vielleicht sehen wir uns in Neuseeland ja nochmal, das wäre schön!
Weiterhin Fair Wind und vielleicht bis bald
Tom
SY Jollity · January 17, 2024 at 6:50 pm
Hallo Tom
Ach scheisse, das mit deiner Schwester. Wir wünschen ihr eine ganz gute Besserung! Wir sind auf dem Weg nach Wellington und dem Nordende der Südinsel. Wenn du also mit deinem Camper in der Nähe bist wäre es schön wenn du dich melden würdest.
Guten Flug und bis bald
Leonie und Jonas