Der Tag war perfekt! Bei strahlend schönem Sonnenschein und einer guten Brise sind wir durch die fast wellenlose Cookstrasse und hinein in den Pelorus Sound gesegelt. Die Freude ist jedoch von kurzer Dauer, der nächste Starkwind steht schon wieder in den Startlöchern. Für uns ist klar: Wir würden dafür am liebsten wieder in der Marina stehen. Die Marina in Havelock, welches am Ende des Pelorus Sounds liegt, ist zwar gut geschützt, jedoch auch nicht ganz einfach anzulaufen. Die letzten drei Seemeilen führen durch ein teilweise natürliches und teilweise gebaggertes Flussbett. Rundherum ist eine Gezeitenlandschaft, welche bei Ebbe trocken fällt und sich bei Flut in einen riesigen zusätzlichen Arm des Sundes verwandelt. Jetzt zurück zur Problematik: Die Einfahrt ist nur bei Flut tief genug für unseren Tiefgang. Die nächste Flut ist um Mitternacht, die übernächste dementsprechend erst am nächsten Mittag. Da der Wind jedoch schon Vormittags richtig stark werden soll, wollen wir lieber nicht bis Mittags warten. Das Risiko bei viel Wind im engen Kanal aufzulaufen ist uns zu hoch. Die Alternative ist also um Mitternacht in den Hafen zu fahren.

Spät am Abend machen wir uns also auf den Weg. Gemächlich steuern wir den sich langsam verengende Kanal an. Für uns der einzige Anhaltspunkt sind die beleuchteten Markierungen, denn rund um uns hat es Wasser und nichts lässt darauf schliessen, dass es dort nicht tief genug sein könnte. Dank Jürgs ruhiger Hand am Steuer und Leonies scharfen Augen kommen wir jedoch problemlos vorwärts, als und ein anderes Schiff entgegenkommt. Offensichtlich fährt der andere jedoch ausserhalb des Fahrwassers. Jetzt müsst ihr euch einmal die stockfinstere Nacht vorstellen. Über uns hat es nur Sterne, vor uns leuchten rund 8 verschiedene rote und grüne Lichter, welche das Fahrwasser anzeichnen und bei denen wir konstant versuchen herauszufinden, welche jetzt die nächste ist. Das entgegenkommende Schiff ist für uns aber auch nur ein kleines rotes Licht. In welcher Richtung und wie schnell das andere Schiff fährt, ist so fast unmöglich herauszufinden. Dann plötzlich… Mist! Wie aus dem Nichts schält sich innert einer Sekunde ein grosses Motorboot aus dem Schwarz der Nacht. Ungefähr 15 Meter vor uns! Ein beherzter Griff ins Steuer und sofort schiesst die Jollity in die Kurve und dreht fast an Ort und Stelle um 180 Grad. Das war knapp! Wieder einmal sind wir froh, hat unser Schiff so unglaublich rasch reagiert, sonst wäre es unweigerlich zum Zusammenstoss gekommen. Nach einigen Minuten haben wir uns langsam beruhigt und sind wieder auf dem Weg zum Hafen. Es heisst wieder konzentriert nach vorne schauen, Seezeichen anhand von Blinkmuster erkennen und langsam vorwärts kämpfen. Eine halbe Stunde später kommt vor uns der Hafen in Sichtweite. Das Anlegemanöver am für uns reservierten Platz ist schlussendlich der einfachste Part. Jetzt sind wir froh, endlich schlafen zu können. Wir sehen uns morgen wieder.

Guten Morgen Havelock! Der Tag begrüsst uns mit Sonnenschein und Wind. Also entschliessen wir uns für eine kleine Wanderung zu einem Wasserfall. Wenig später sitzen wir in einem Kaffee und geniessen ein heisses Getränk. Der Weg zum Wasserfall können wir uns sparen, der hat sich nämlich entschieden stattdessen zu uns zu kommen. Jetzt sind wir auch doppelt froh müssen wir nicht bei diesem Wetter durch die enge Einfahrt manövriere, sondern können hier im trockenen sitzen und dem Regen draussen zuschauen. Die Wanderung zum Wasserfall ist aber selbstverständlich nicht einfach gestrichen. Am nächsten Tag sieht das Wetter schon wieder viel freundlicher aus und deshalb entscheiden wir uns die Wanderung gleich noch mit einem Gipfel zu erweitern. Tatsächlich ist der Wasserfall trotz des Regens am Vortag nicht mal ein Foto wert. Der Wanderweg, welcher auf den Gipfel führt, ist jedoch sehr hübsch. Annegret und Jürg machen die 700 Höhenmeter auch ohne Probleme und die Aussicht über diese Gezeitenebenen entschädigt uns locker für die harte Arbeit.

Am nächsten Tag ist es dann endlich ruhig genug, um den Hafen wieder zu verlassen. Die Reise führt uns an den vermutlich schönsten Ankerplatz, seit wir in Neuseeland sind. Eine Bucht so eng, dass wir uns mit zwei Landleinen verspannen müssen. Die Belohnung ist eine perfekt stille Nacht. Es ist so ruhig auf dem Schiff, dass wir sogar langzeitbelichtete Fotos des Nachthimmels machen können.

Am morgen lassen wir uns, auf einem schönen Spaziergang, wieder einmal von der Vielfalt des heimischen Waldes beeindrucken. Diese Wanderungen scheinen uns nie langweilig zu werden.

Der nächste Ankerplatz, den wir anlaufen, ist genau das Gegenteil. Eigentlich ist die aktuelle Wetterlage sehr ruhig. In der Cookstrasse bläst ein leichter Nordwind. Uns fliegt aber, bei knapp 30 Knoten, das Wasser um die Ohren. Was ist denn da los? Der Grund ist das umliegende Gelände. Die hohen Berge und tiefen Täler können den Wind umleiten und beschleunigen. Hinzu kommt mit grosser Wahrscheinlichkeit ein thermischer Fallwind, welcher einsetzt, sobald die Sonne die Hügelflanke nicht mehr bescheint. Zum Glück ist der Wind dieses Mal wenigstens sehr konstant und so können wir trotz allem gut schlafen.

Für Annegrets Geburtstag am nächsten Tag fahren wir zu einer Lodge, welche neben einem kleinen Restaurant auch mehrere Bojen für Segler hat, welche wir für die Nacht mieten können. Zum Abendessen gibt es typisch Neuseeländisch: frittierter Fisch, Hamburger und Pommes. Das Highlight des Tages kommt aber erst nach dem Abendessen. Schon am Nachmittag haben wir einen kurzen Spaziergang zu einem Wasserfall gemacht. Die Wanderung war schön, der Wasserfall mal wieder eher bescheiden. Jetzt, in der späten Abenddämmerung packen wir unsere Taschenlampen und machen uns auf den Weg zu eben diesem Wasserfall und… WOW! Schon auf dem Weg sehen wir sie. Überall um uns herum leuchten kleine Punkte im dunklen Wald. Glühwürmchen. Beim Wasserfall, welcher eine kleine Schlucht in das Erdreich gegraben hat, bleiben wir einfach nur staunend stehen. Links von uns, rechts, über uns, einfach überall hat es winzig kleine leuchtende Punkte. Wir fühlen uns, als würden wir mitten im Sternenhimmel stehen. Was für ein wunderschöner Abschluss unserer Zeit hier in den Marlborough Sounds. Morgen werden wir die Marlborough Sounds nämlich durch den berüchtigten French Pass verlassen. Doch dazu könnt ihr dann im nächsten Blogeintrag mehr lesen.


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