Die 100 Meilen von Cape May nach New York schaffen wir bei der Windvorhersage, die wir haben, nicht an einem Tag. Daher wird durch die sehr ruhige Nacht gesegelt, in der man immer wieder Party Geräusche von der Küste hört. Ein Vorzeichen das bald eine riesige Stadt kommen wird…

Der Wind bläst uns gut Richtung Ziel. Kurz vor dem letzten Kap müssen wir einige Male zwischen Schifffahrtstasse und Küste Halsen da wir direkt vor dem Wind segeln müssen. Am Morgen schläft der Wind leider kurz vor der Einfahrt nach New York ein. Vor uns hin dümpelnd, jedoch mit der Strömung, essen wir gemütlich ein Frühstück und bestaunen die langsam näherkommende Skyline am Horizont. Tausend Fotos werden geschossen während die Hochhäuser immer höher Wachsen und die neue Perspektive immer noch besser ist als die letzte. Wenig später fahren wir so nah wir können an der „Statue of Liberty“ vorbei und lassen uns von der grossen Lady in der Stadt willkommen heissen. Wir Ankern gleich hinter Ellis Island auf welcher, vor vielen Jahren alle Europäischen Auswanderer mit ihren Schiffen unter der schützenden Hand der Freiheitsstatue angekommen sind. Dieser Ankerplatz ist etwas ganz Spezielles. Denn die Sicht auf Manhattan könnte nicht besser sein! Fast über den ganzen Horizont ragen überall Wolkenkratzer in die Höhe. Während wir noch da sitzen und einfach nur staunen macht sich jedoch die Müdigkeit bemerkbar. Wir haben alle in der letzten Nacht nicht allzu viel geschlafen und legen uns deshalb noch eine Weile aufs Ohr. Aufgeweckt von tausenden verschiedene Motoren Geräuschen und Wellen aus allen Richtungen bestaunen wir einige Stunden später halt doch wieder die Aussicht. Überall um uns herum sind Segel und Motorboote, Jetskis, Helikopter und Flugzeuge welche die Stadt lebendig und unseren Schlaf unruhig machen. Nach einem Abendessen geniessen wir die Aussicht auf dem Vordeck und schauen wie in New York die Sonne langsam untergeht, die Hochhäuser in goldenes Licht taucht und mit der Zeit immer mehr Lichter angehen. Auch wenn die Stadt niemals schläft, so müssen doch wir irgendwann unseren Schlaf nachholen. Zum Glück hat die Aktivität auf dem Wasser langsam abgenommen und wir sinken in einen tiefen erholsamen Schlaf.

Am nächsten Morgen fahren wir, entlang der Hochhäuser von Manhattan, den Hudson River hoch zur 79sten Strasse. Da machen wir an einer Boje fest, welche zu einem leicht verlottert aussehenden Hafen gehört. (wir erfahren, dass sie ihn nächstes Jahr schliessen). In zwei Minuten haben wir die kurze Distanz zum Steg mit dem Dinghy zurückgelegt egal wie viel Strömung der Fluss hat. Bei Regen und auslaufender Tide kann der Hudson River bis zu 4kn Strömung haben, was ein vorwärtskommen mit dem Dinghy sehr langsam macht. Hier können wir das Dinghy parkieren, duschen und waschen für knapp 30 Dollar pro Nacht. Das dürfte Wohl bei weitem die günstigste Option in ganz New York sein, um an Land zu kommen. Wir wissen, dass es möglich wäre vom Ankerplatz bei Ellis Island nach Manhattan zu fahren, dort der Preis für das Parkieren vom Dighy jedoch 1$ pro Fuss pro Stunde beträgt. Unser Dighy hat eine Länge von acht Fuss. Das Rechnen überlassen wir euch.

Die 79ste Strasse liegt genau beim Central Park wo wir auch prompt als Erstes hingehen. Der total schick gemachte Park ist zwar wirklich sehr schön, doch wir wollen Hochhäuser sehen. Um Bäume anzuschauen, muss man ja nun wirklich nicht nach New York gehen. Von weiten sehen wir, ganz in der Nähe des Central Parks ein sehr hohes dünnes Gebäude und entscheiden dies von nahem anschauen zu gehen. Jedes Mal beim Überqueren von Strassen imponieren uns die langen nicht enden wollenden Gassen. Und, wenn man dann tatsächlich neben so einem Hochhaus steht und in den Himmel schaut, fühlt man sich wirklich sehr klein und fragt sich wie so ein Ding überhaupt Stürme überstehen kann.

Am Abend treffen wir uns endlich wieder mit Anna und Franz von der Tula im Bryant-Park wo wir bei einem kühlen Getränk einen wunderbaren Sonnenuntergang geniessen. Die Sonne scheint jeweils für wenige Minuten spektakulär durch eine lange gerade Strasse bis zum Park und hüllt die endlosen Glasfronten der Hochhäuser in tief oranges Licht. Danach spazieren wir zum berühmten „Times Square“ und lassen uns von tausenden riesigen Bildschirmen mit Werbung bescheinen. Nach einer halben Stunde (ja wir haben es dort eine halbe Stunde ausgehalten!) müssen wir den Platz verlassen, weil unsere Augen nicht mehr länger mit der Situation klarkommen.

Die nächsten Tage irren wir bei über 30 Grad durch die endlos lange Häusergassen zwischen dem 9/11 Memorial der Wall Street, über die Brooklyn Bridge und zurück nach China-Town und zur Highline. Die Highline ist ein Park, welcher auf den Geleisen der alten Hochbahn von New York errichtet wurde und von dem aus man einen leicht erhöhten Blick in die umliegenden Strassen mit seinen Restaurants, Boutiquen und überteuerten Designerwohnungen werfen kann, während man zwischen Bäumen und wunderbar blühenden Blumen spazieren geht. Generell sind die Parks in New York sehr schön.

Nach zwei Tagen bei brütender Hitze besuchen wir, das herrlich klimatisierte und weltbekannte Museum of Natural History. Wobei herrlich klimatisiert eher bedeutet, dass es wieder mal, wie in den USA üblich, total übertrieben gekühlt ist. In einigen Bereichen herrschen Temperaturen die gefühlt nahe am Gefrierpunkt liegen müssen. Und dann erhält während dem Besuch des Museums, Jonathan eine Nachricht auf sein iPhone von der New Yorker Stadt, in dem sie alle Bürger zum Strom sparen auffordern, da sie einen Engpass befürchten. Wir können uns wirklich kaum vorstellen, woran das liegen könnte.

Trotzdem ist das Museum wirklich sehr sehenswert. Obwohl wir schon kurz nach Eröffnung am Morgen da sind haben wir kaum genug Zeit alles anzuschauen, was wir gerne sehen würden. Wir rennen fast von einer gebuchten Sonderausstellung zur nächsten und am Ende werden wir rausgeschmissen, weil das Museum schliessen will. Dabei hat Leonie am morgen noch behauptet, dass sie kaum länger als 2h Stunden in dem Museum aushalten werde. Die knapp sieben Stunden sind aber auch wie im Fluge vergangen und haben sich eher wie zwei angefühlt.

An einem netten Abend unternehmen wir eine Pubtour durch das coole Williamsburg und besuchen dort die von einheimischen, welche die Tula Crew kennengelernt haben empfohlenen Pubs und Clubs. Tatsächlich eine sehr gute Auswahl! Ebenfalls von einem Einheimischen empfohlen gekriegt haben wir den Besuch beim kostenlosen openair Kino in Hoboken welches auf der New Jersey Seite vom Hudson River liegt. Dort angekommen ist die Kulisse wirklich atemberaubend. Auf einem Pier welcher in den Hudson River herausragt auf einer Wiese sitzend kann man die ganze Skyline von Manhattan sehen wie sie in das goldene Licht der untergehenden Sonne getaucht wird. Was wir dagegen nicht sehen können, ist eine Leinwand, auf welcher der Film gezeigt werden könnte. Klarheit schafft ein kurzes Nachfragen. Abgesagt sei es, wegen schlechtem Wetter. Dabei scheint doch eben noch die Sonne und diese grauen Wolken am Horizont sind doch noch wahnsinnig weit entfernt. Um viertel vor neun hätte der Film anfangen sollen. Um diese Zeit sitzen wir bei bestem Wetter auf der Wiese, trinken ein kühles Bier und machen Witze, dass das Wetter doch eigentlich ganz gut sei und es wirklich schade sei, dass der Film abgesagt ist. Eine halbe Stunde später, um viertel nach neun stehen wir dicht gedrängt unter dem kleinen Vordach eines Imbissstandes der geschlossen ist. Auf der Wiese ist keine Menschenseele mehr zu sehen. Kein Wunder, es Regnet als würde uns die ganze Wolke auf den Kopf fallen. Erst eine halbe Stunde später lässt der Regen langsam ein wenig nach und wir können uns auf den Weg zur Subwaystation machen, ohne sogleich komplett durchnässt zu sein. Mittlerweile verstehen auch wir, wieso der Kinoabend abgesagt wurde. Schön war es trotzdem.

Langsam nagt die Stadt aber an uns und wir merken, dass wir uns in einer Grossstadt, obwohl es sehr aufregend ist, nicht allzu wohlfühlen. Als krönender Abschluss einer Woche in New York haben wir uns den vierten Juli ausgesucht, der “Independece Day”, der Unabhängigkeit Tag. In den USA ist das der Nationalfeiertag und wird traditionell mit einem grossen Feuerwerk gefeiert. Und jenes in New York soll eines der grössten im ganzen Land sein. Und so begeben wir uns nach Brooklyn, weil wir uns von da aus die beste Sicht versprechen. Ganz Unrecht hatten wir wohl nicht, denn eine gefühlte Million New Yorker hatte genau dieselbe Idee. Und so waren die besten Plätze wohl bereits seit dem morgen vergeben und schon zwei Strassen hinter der Uferpromenade ist kaum noch ein durchkommen. Nach einigem Suchen fanden wir jedoch einen ganz passablen Platz. In einer Seitenstrasse welche ans Ufer führt finden wir einen Steg, welcher zu einem Haus führt und leicht erhöht ist und somit einen Blick über die Menschenmenge ermöglicht. Leider hat es einige kleinere Bäume welche uns die Sicht auf die ganz tiefen Raketen versperrt. Der grosse Teil des sehr imposanten Feuerwerks sehen wir jedoch bestens. Vor allem die Raketen und Flammensäulen, welche von der Spitze des Empire State Buildings im Hintergrund gestartet werden, sind grandios. Da hat sich der Weg nach Brooklyn auf alle Fälle gelohnt.

Dann ist es so weit. Jonathan verlässt das Boot. Nach dreieinhalb Monaten in denen er mit uns gereist ist haben wir wahnsinnig viele tolle Sachen erleben können. Er ist in St. Vincent durch Zufall bei uns zugestiegen und verlässt uns jetzt, nach mehr als 1800 Seemeilen wieder. Obwohl wir die Gesellschaft wirklich sehr geschätzt haben ist es für uns auch mal wieder schön zu zweit reisen zu können. Bis jetzt haben wir dies lediglich in der Bretagne und in Galizien für rund einen Monat und für wenige Wochen in den Kanaren geschafft. Das ist natürlich wunderschön und wir werden auch in Zukunft immer wieder sehr gerne Gäste auf unser Abenteuer mitnehmen.

Nach einer Woche haben wir definitiv genug von der Grossstadt die niemals schläft. Am letzten Tag lassen wir uns noch die zweite Covid Impfung geben und fahren dann noch einmal zum Bryant Park wo wir die Woche angefangen haben um uns von Franziskus und Jonathan zu verabschieden. Mit untergehender Sonne fahren wir zu zweit Richtung Ellis Island, um noch einmal der Stadt zuzusehen, wie sie langsam in der Nacht versinkt. Für uns ist die abendliche Skyline von New York, von Ellis Island aus betrachtet das Highlight der Woche.


0 Comments

Leave a Reply

Avatar placeholder

Your email address will not be published. Required fields are marked *