Wir liegen in einer kleinen Marina an der Karibikküste Panamas, rund 50 Seemeilen östlich der Einfahrt zum Panamakanal. Das kleine Hafenbecken ist umgeben von Kokospalmen und Regenwald. Die Luft ist voller Geräusche vom nahen Regenwald und von der Brandung der Wellen, welche nur wenige hundert Meter von uns entfernt mit voller Wucht gegen die Felsen der Riffe knallen. Dank dieser Wellen war schon die Einfahrt zur Marina ein Abenteuer für sich. Draussen auf dem Meer läuft eine kurze und chaotische 3m Welle in Richtung der Küste von Panama. Es sind die Wellen, welche sich hier in der Karibik im Winter meistens aufbauen. Der Passat bläst mit rund 15-25 Knoten Wind über die ganze karibische See und beschleunigt sich über Kolumbien meistens noch auf gut über 30 Knoten. Die daraus entstehenden Wellen landen dann an der Nordküste von Panama. Vor der Marina hat es jedoch noch ausgedehnte Bereiche, in denen das Meer nur 10 bis 15 Meter tief ist. Trifft eine 3 Meter hohe See auf diese tiefen, dann beginnt sie sich bereits aufzutürmen. Genau dort, noch in sicherer Distanz zu den Riffen, bergen wir also unser Grosssegel. Währenddessen steuert unser Autopilot die Jollity durch 5 Meter hohe Wellenberge, welche oftmals kurz vor dem Brechen sind. In diesen Bedingungen dauert alles viel länger, weil wir die meiste Zeit damit beschäftigt sind, uns festzuhalten statt das Segel einzupacken.

Der aufregendste Teil liegt aber noch vor uns. Die Einfahrt ist ein Ritt zwischen den Riffen, vergleichbar mit einer engen Gratwanderung. Links und rechts brechen die Wellen kaum fünf Meter von unserem Schiff entfernt, während wir auf den kleinen Leuchtturm zusteuern, welcher die enge Einfahrt markiert. Die Einfahrt ist ein, in die Felsen der Riffe geschnittener, ausgebaggerter Kanal, der rund 10 Meter breit ist. Kaum sind wir drinnen, nehmen zwar die Wellen stark ab, dafür macht uns der Tiefenmesser immer nervöser. Schnell sinkt er unter drei Meter und bald sehen wir nur noch zweieinhalb auf der Anzeige. Bei einem Tiefgang von 2.4 Metern, beginnt man da schon mal über die Möglichkeiten nachzudenken, die einem bleiben würden, wenn man auflaufen würde. Umdrehen ist unmöglich, dafür ist der Kanal zu schmal. Also würde uns nur der Rückwärtsgang bleiben. Die Vorstellung Rückwärts in die brechenden Wellen zurückzufahren… Da kommen uns gleich die Fracks in den Sinn, die wir schon öfter auf den Riffen haben liegen sehen. Es muss einfach klappen. Zehn Minuten später stehen wir fest vertäut im Hafen. Das Minimum auf dem Tiefenmesser war 2.2 Meter. Wenn der Boden nicht aus weichem Schlamm bestanden hätte, bräuchten wir jetzt eventuell ein neues Schiff.

Dafür werden wir mit einer der schönst gelegenen Marinas belohnt. Mittlerweile sind Kira und Lorenz mit dem Taxi angekommen und wir geniessen die Ruhe und spazieren viel im nahen Regenwald oder baden am schönen Strand und geniessen einen kühlen Drink. Dabei sind wir alle begeistert von den vielen Tieren, die es hier zu sehen gibt. In einem Baum nahe der Marina faulenzen zwei Faultiere den ganzen Tag. In den Bäumen schwingen sich die Brüllaffen von Ast zu Ast und am Boden bauen sich Ameisen hundert Meter lange Strassen um Blätter zu ihrem Bau zurück zu transportieren.

Unser eigentliches Ziel liegt jedoch noch gut 30 Seemeilen östlich von uns. Das heisst, auf dem offenen Meer gegen den Wind zu segeln. Für unsere Freunde, welche noch keine Seebeine haben, ist das ein sehr harter Einstieg. Mit viel Krängung stampfen wir durch die knapp drei Meter hohen Wellen in Richtung der San Blas Inseln. Erst kurz vor unserem Ziel fahren wir in die Abdeckung von Riffen und die See beruhigt sich langsam. Trotzdem wären wir ganz bleich, wenn man das unter unserem knallroten Sonnenbrand sehen würde. Der Anblick, der sich uns bietet, lässt die Strapazen jedoch schnell vergessen. Vor uns im Abendlicht sehen wir ganz viele winzige Inseln, die alle komplett von rot beleuchteten Palmen überwachsen sind. Dazwischen türkisfarbenes Wasser und ein Segelrevier der Träume. Die Vorfreude, dieses Paradies zu erkunden, lässt uns bald mit einem Lachen auf dem Gesicht ein leckeres Abendessen geniessen.

Was wir in den nächsten zwei Wochen alles erlebt haben, lohnt sich fast nicht aufzuschreiben. Hier sagen Bilder mal wieder mehr als tausend Worte und so schaut ihr besser selber, was wir beim Schnorcheln, Spazieren und Segeln alles entdeckt haben.

Von einem Erlebnis müssen wir euch aber trotzdem in Textform berichten, da es keinen Fotobeweis dafür gibt. Es ist der zweite Abend in den San Blas. Wir Ankern, rundum geschützt von Riffen und direkt hinter einer Insel welche mit Mangroven bewachsen ist. Es ist bereits später Abend und wir wollen eigentlich ins Bett gehen, als wir beim Zähneputzen etwas ganz Spezielles entdecken. Rund um uns leuchtet das Wasser immer wieder ganz plötzlich auf. Es sieht aus, als würden überall um uns herum Laternen im Wasser schwimmen, die jeweils nur für wenige Sekunden aufleuchten und welche langsam an uns vorbeitreiben. Als eine besonders nah ans Schiff kommt, entdecken wir auch, dass sich das Licht offensichtlich entlang eines länglichen Dings von vorne nach hinten bewegt. Erst die Taschenlampe enthüllt dann den Verursacher. Offensichtlich ist ein Fisch dafür verantwortlich. Wieder einmal stehen wir mit offenem Munde da und staunen, was die Natur alles für Wunder für uns bereithält.

Nach knapp zwei Wochen ist es für Kira und Lorenz leider Zeit nach Hause zu fliegen. Für uns bedeutet es, dass das nächste grosse Abenteuer ansteht. Zusammen segeln wir noch nach Colón, welches die Einfahrt zum Panamakanal markiert. Schon von weitem sehen wir unglaublich viele Frachtschiffe, die draussen auf Meer geankert sind. Wir werden hoffentlich bald zusammen mit einem dieser Stahlkolosse die Schleusen des Panamakanals durchqueren. Wie man eine Kanaldurchfahrt optimal organisiert und was es auf dem Gatúnsee alles zu sehen gibt, erfahrt ihr im nächsten Blogeintrag.


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