Zwei Jahre ist es her seit wir den Kaufvertrag für unser Schiff unterschrieben haben. Zwei Jahre! Was nach nichts klingt, fühlt sich für uns wie eine Ewigkeit an. Zwei Jahre! Wahnsinn wie sich unser Leben in dieser kurzen Zeit verändert hat. Zwei Jahre! Zwei Jahre nur, und das Schiff, das wir damals gekauft haben, ist kaum mehr wiederzuerkennen. Nach zwei Jahren ist die To-do-Liste zwar immer noch unglaublich lange, die Liste der abgeschlossenen Dinge jedoch bei weitem länger. Hier alles niederzuschreiben was wir in den letzten zwei Jahren am Schiff gearbeitet und geändert haben würde den Rahmen eines Blogeintrages sprengen und euch nur langweilen. Trotzdem würden wir gerne einen Einblick geben in die Transformation eines alten Regattabootes in unsere geliebte Jollity, unser Zuhause auf dem Wasser.

Gekauft haben wir ein Regattaschiff. Wieso, mögt ihr euch fragen? “Wieso?”, fragen auch wir uns manchmal. Ganz so genau wissen wir das selber nicht. Im Endeffekt sind es wohl mehrere Faktoren gewesen. Sicherlich wollten wir etwas Sportliches, das Spass beim Segeln macht. Etwas Robustes. Ein Schiff das uns sicher bis ans Ende der Welt bringt und natürlich auch wieder zurück. Und ein Schiff, dass wir nach unserem Geschmack formen können. Beim Durchstöbern fällt uns bald eine alte Huisman ins Auge. Spass beim Segeln wird sie machen, ist sie doch eine alte Regattayacht. Innen ist sie kaum ausgebaut. Offen, hell und viel Freiraum zum Gestalten. Und das alles auf einem Aluminiumrumpf aus einer guten Werft. Am Ende lassen wir uns über ein halbes Jahr Zeit mit der Entscheidung. Erst dann geht es zurück nach Holland, um dem Schiff einen zweiten Besuch abzustatten. Dieses Mal ist die Mission klar. Wir wollen wissen, ob das Schiff in einem guten Zustand ist. Ein Gutachter wird organisiert und jeder Zentimeter genauestens unter die Lupe genommen. Auch heute, wo wir viel mehr über Schiffe wissen, würden wir noch immer einen professionellen Gutachter zu Rate ziehen beim Kauf eines gebrauchten Segelbootes.

Nach einem intensiven Tag sitzen wir zusammen mit dem Gutachter am kleinen Salontisch beim Yachthändler. Das Schiff haben wir heute ins Wasser gelassen um eine Testfahrt unter Motor zu unternehmen. Jetzt ist es an der Zeit zu entscheiden. Wir sind natürlich gespannt auf die Meinung des Gutachters. Schliesslich hätten wir jetzt auch schon viel Geld investiert, wenn wir das Schiff nicht kaufen würden. Die Erleichterung folgt bald, grössere Probleme gäbe es mit dem Schiff nicht. Nein, wenn wir an einem solch speziellen Boot Freude hätten, würde er uns ein Kauf sehr empfehlen. Kaum je hätte er ein solch gut verarbeitetes Aluminiumboot angeschaut. Klar sind einige Kleinigkeiten nicht ganz perfekt. Was soll man auch erwarten, nach bald 40 Jahren, welche das Schiff bereits erlebt hat. Wir wollen uns gar nicht vorstellen welche Geschichten dieser Rumpf zu erzählen hätte. Welche Erinnerungen mit dem Schiff verwoben sind und auf wie viele tausend Meilen dieses Ruder die Menschen darauf schon auf Kurs gehalten hat. Jetzt geht es noch in die letzten Verhandlungen, auch da hilft uns die professionelle Erfahrung eines Gutachters. Ist es für uns doch das erste Mal, dass wir einen solchen Vertrag aushandeln müssen. Wenig später unterschreiben wir zusammen den Kaufvertrag. Ein neues Kapitel in unserem Leben beginnt. Wie stark dieser Tag unsere Zukunft beeinflusst wird uns eigentlich erst viel später so richtig bewusst, irgendwo, weit draussen auf dem Meer zwischen Frankreich und Spanien. Alleine zwischen grossen Wellen, auf unserer kleinen Aludose, nur vom Wind zum nächsten Abenteuer getragen.

Wer schon mal ein Boot besessen hat der weis, was nach dem Unterschreiben des Kaufvertrags auf einem wartet. Wer noch nie das Glück hatte ein Schiff sein eigen zu nennen, dem zitiere ich gerne Hansruedi Schmid:

“Ein Schiff zu kaufen ist als würde man sich ein Schwarzes Loch ins Wohnzimmer stellen. Darin verschwindet dann all dein Geld und deine Zeit ohne je wieder aufzutauchen.”

Hansruedi

Ein Segelschiff ist aber auch wunderbar. Wunderbar geduldig bringt es dich da hin wo du willst. Wunderbar ausdauernd kämpft es sich durch jeden Sturm, wenn die Crew sich kaum mehr auf den Beinen halten kann. Wunderbar leise und umweltfreundlich bringt es dich an die entlegensten Orte dieses Planeten. Und wunderbar gemütlich kann es im Innern sein, auch wenn draussen Regen und Blitze um die Wette eifern.

Jetzt lass uns aber endlich zur Sache kommen. Eigentlich wollte ich darüber schreiben wie wir die Jollity Stück für Stück umgeformt haben, um aus dem ungemütlichen Regattaschiff ein Heim für uns zu schaffen, in dem wir jeden Tag leben wollen und können. Nach dem Kauf hatten wir nur noch wenige Tage Zeit bis uns die Pflicht zurück in die Schweiz beorderte. Die Zeit haben wir, zusammen mit Stephan genutzt um die Segeleigenschaften auf Herz und Niere zu testen. Einmal rund Nordholland sind wir gesegelt. Ein Turn welcher in Holland gerne in einer Woche gemacht wird sind wir in drei Tagen gesegelt. 180 Seemeilen purer Segelspass. Danach haben wir noch einen Tag um erste Masse zu nehme und das allgemeine Chaos auf dem Schiff ein wenig in Ordnung zu bringen.

Zurück in der Schweiz haben wir nun Zeit uns Gedanken zu allem zu machen. Was fehlt, was brauchen wir unbedingt, was hätten wir gerne? Alles muss recherchiert sein. Alles muss organisiert sein. Budgets werden für verschiedene Varianten erstellt. Preise für Ausrüstungsgegenstände geschätzt. Am Ende sollen sich die Budgetrechnungen als erstaunlich präzise herausstellen. Eines der grössten Projekte ist sicherlich der Umbau des zentralen Wohnbereichs. Wir wollen vieles ändern und haben uns entschieden, wenn möglich alles selber zu bauen. Also machen wir technische Zeichnungen, kaufen Material und bauen alles so gut wir können, genau nach unseren Wünschen. Keine einfache Aufgabe, haben wir doch weder die Ausbildung noch die Ausrüstung um solche Holzarbeiten richtig zu machen. Hinzu kommt, dass die Jollity in Holland steht, wir jedoch die ganze Planung und später auch ein grosser Teil des Baus von zu Hause in der Schweiz aus machen. Unser wichtigstes Anliegen dabei ist, dass alles möglichst hell und freundlich aussehen soll. Dabei entsteht der Entwurf für ein modernes neues Interieur mit einer riesengrossen Küche welche die alte, kaum zugängliche, mit kaum Ablageflächen bestückte Küche ersetzten soll. Ein richtiger Kühlschrank verbauen wir auch. Einer zum Ausziehen wie eine Schublade. Zwei Brünneli wollen wir, um auf harten Passagen dreckiges Geschirr einfach wegstellen zu können oder beim Abwasch ein zweites Becken zum Vorspülen zu haben. Der neue Tisch soll einiges kleiner werden als der alte. Schliesslich wollen wir die meiste Zeit zu zweit unterwegs sein. Trotzdem soll er gut Platz für vier Personen bieten und auch gross genug sein um mal ein Brettspiel spielen zu können. Dabei wollen wir vor allem ein Tisch haben der Breit genug ist, dass in der Mitte auch noch Pfannen Platz haben, wenn man zu viert am Tisch sitzt. Auch fünf bis sechs Personen können am Ende gerade noch so am Tisch essen, wenn wir mal Besuch haben. Eine Bank führt rund um den Tisch und ist auf einer Seite so verlängert, dass man sich auch mal mit vollem Ölzeug auf das wasserfeste Polster setzten kann. Es soll ebenfalls möglich sein, den Tisch zu einem Bett umzubauen. Alles zusammen genommen keine einfache Aufgabe. Was wir daraus gemacht haben könnt ihr auf den folgenden Plänen und den Fotos sehen.

Eine der grössten Herausforderungen war es, all dies in die Breite des Schiffes einzupassen. Dafür haben wir einen der bestehenden Bänke herausgerissen um dort die Küche einzubauen. Den anderen konnten wir jedoch auch nicht einfach bestehen lassen. Dieser musste rund 10 cm nach hinten Verschoben werden, um den Tisch breiter zu machen. Diese zehn Zentimeter sind relevant um z.b. Platz für die Pfannen zu haben oder damit das Bett nach dem Umbauen lang genug ist. Nachdem wir zu Hause sehr viel vorbereitet hatten, haben wir, nachdem alles neu geschliffen und gestrichen war, den Einbau während einer sehr intensiven Zeit in Holland eingepasst und eingebaut.

Das Verschieben des Bankes ist nur ein Beispiel, was wir alles beachtet haben und wofür wir extra Aufwand betrieben haben. Ein weiteres Beispiel bezieht sich auf die Seetauglichkeit der Küche und des Tisches. Damit auch bei Lage und bei grösseren Wellen nicht alles immer Herunterfällt haben wir überall einen Rand gebaut. Dieser ist nur rund 3mm hoch. Dies hält zwar nicht alles auf den Ablagen, aber er stört auch bei kaum einer Tätigkeit. Am Tisch ist es immer noch problemlos möglich auf dem Laptop zu schreiben und in der Küche können wir Gemüse schneiden, ohne jedes Mal die Finger am Rand anzustossen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist der kardanisch aufgehängte Herd, welcher es ermöglicht auch bei richtig viel Lage immer noch normal zu kochen. Und dieser kardanische Herd führt uns zum nächsten Grossprojekt. Dem vielleicht mutigsten. Dem Umrüsten auf eine rein elektrische Küche. Und, weil dies nicht üblich ist bei Segelschiffen, gibt es auch keine bestehenden elektrischen Herde mit Kardanik. Also mussten wir auch diesen selber bauen.

Der Umbau auf eine rein elektrische Küche hat allerlei Vorteile. Der grösste ist sicherlich, dass wir ganz ohne Gas auskommen. Damit fällt eines der grössten Risiken des Segelns weg. Im Gegensatz zu Wohnmobilen kann bei einem Segelschiff nämlich bei einem Gasleck das austretende Gas nirgendwo abfliessen und sammelt sich in der Bilge. Mit fatalen folgen. Der zweite Vorteil ist simplerer Natur. Wir müssen nie wieder nach Gas suchen gehen. Keinen Anschlüssen nachrennen, keine Druckminderer suchen und keine Gasflaschen lagern. Und ein Induktionsherd ist praktisch. Ein elektrischer Ofen nicht zu vergleichen mit den Gasbetriebenen. Das heisst aber auch, dass wir irgendwie Energie gewinnen und speichern müssen. Zur Energiegewinnung setzten wir zu 100% auf Solar, gespeichert in einer 7 kWh Lithium (LiFePO4) Batterie. Die Solarzellen sollen möglichst ohne Abschattung montiert werden, dafür konstruieren wir einen komplizierten Bügel, welcher von da an das Heck der Jollity schmücken soll. Geschweisst von “Staam the Man” in Lelystad, leistet er uns nicht nur als Halter für die Solarzellen gute Dienste. Auch ein Netz für die Früchte und eines für die Schnorchelausrüstung hängt daran sowie die Paddel und der Bootshacken. Genaueres zum Thema Energieversorgung und Verbrauch werden wir in einem separaten speziellen Blogeintrag schreiben. Das Thema ist aber super spannend und wir können bereits verraten, dass es ohne Probleme möglich ist, mit nur einer Solarzelle pro Person den gesamten Energiebedarf zu decken.

Langsam wird dieser Blogeintrag wohl langweilig. Und dabei ist erst einen kleinen Teil der Arbeiten, die wir erledigt haben, hier angedeutet. Einige weitere der wichtigsten Änderungen sind: Wir haben eine Sprayhood machen lassen, eine Ankerwinch, Anker, Ankerkasten und Bugrolle montiert, einen neuen Boden verlegt, ein weiteres Bett, einen Wassermacher und eine Windsteueranlage eingebaut, zwei Rückenlehnen fürs Cockpit gebaut, die Innenbeleuchtung komplett erneuert, Stauraum geschaffen, alle Sitzkissen und neue Matratzen für unser Bett zugeschnitten und neu bezogen, ein komplettes 230V Netz durchs Schiff verlegt und eine neue Lazybag genäht. Dazu kommen noch hunderte weitere kleinere Dinge, welche alles in allem jedoch mindestens genauso viel Zeit in Anspruch genommen haben.

Jetzt nach zwei Jahren ist die To-do-Liste zwar nicht kleiner geworden, die dort aufgeführten Aufgaben haben sich jedoch verändert. Entweder handelt es sich um Wartungs- oder Reparaturaufgaben oder es geht mittlerweile eher um Luxuslösungen als um essenzielle Dinge. Denn wir haben mittlerweile ein Zuhause in dem wir uns mehr als wohlfühlen und, dass genau dem entspricht, was wir uns für ein schwimmendes Haus immer gewünscht haben. Somit freuen wir uns auf eine weitere tolle Zeit, die wir mit unserer Jollity verbringen dürfen.


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