Um uns herum brummt die Stadt. Einmal mehr stehen wir in Nassau. Es ist ein Tag, bevor Roman nach Hause fliegt. Nach sechs Wochen mit viel Kitesurfen, Erkunden von einsamen Inseln, schönen Segeltagen und vor allem viel Morgensport am Strand, muss Roman leider wieder nach Hause. Das bedeutet, dass er einen Covid Test machen muss. Wir sind also jetzt in der belebten Stadt unterwegs zu einem Arzt, bei welchem wir am morgen telefonisch einen Termin abgemacht hatten. Für euch als Leser bedauerlicherweise unspektakulär, für uns natürlich sehr willkommen, klappt für einmal alles einwandfrei. Am nächsten Morgen bringen wir dann Roman mit dem Bus ins Zentrum und überlassen ihn dort einem anderen Busfahrer, der zum Flughafen fährt. Auch dies scheint für einmal keine grosse Geschichte abzugeben. Und weil wir wenig später zurück auf dem Schiff sind, überlegen wir uns, wo wir denn noch hinsegeln könnten für die nächsten zehn Tage bis unseren nächsten Gast in Nassau ankommt. Es scheint als hätten wir mindestens für vier bis fünf Tage wieder super guten Wind zum Kitesurfen und so entscheiden wir uns direkt wieder in die Exumas zu fahren, weil dort die Kitespots am besten sind. Für den heutigen Nachmittag nehmen wir uns die 30 Seemeilen über die Yellow Banks nach Allens Cay vor. Die Segelbedingungen sind jedoch wieder einmal richtig gut und wir fahren durchschnittlich rund 8 Knoten. So entscheiden wir uns noch 15 Seemeilen anzuhängen und nach Shroud Cay zu fahren. In Shround Cay haben wir schon öfter geankert und der Ankerplatz ist riesengross, einfach anzulaufen und bietet sehr guten Halt, sodass wir dort auch problemlos erst bei Nacht ankommen können.

Am nächsten Tag geht es für uns direkt weiter in den Süden nach Pipe Cay, ein weiteres Paradies zum Kitesurfen und auch sonst eine sehenswerte Ecke. Leider ist an dem Tag auch der Wind aus südlicher Richtung. Uns bleibt also nichts anderes übrig, als gegen den Wind aufzukreuzen. Bei der relativ kurzen Distanz, welche wir zu segeln haben, ist dies jedoch kein Problem. Am Ankerplatz steht bereits ein Katamaran, der, wie sich herausstellen soll, auch von Shroud Cay gekommen ist, jedoch seine beiden Motoren die Arbeit hat machen lassen, was ihm natürlich nicht zu verübeln ist. Mit diesem Schiff hätte er sich wohl schwergetan, unter Segel das Ziel zu erreichen. Im Gegensatz zu uns hat er jedoch einen super Ankerplatz leicht ausserhalb des tiefen Kanals mit der starken Strömung auswählen können. Weniger Tiefgang bringt auch viele Vorteile. Uns bleibt nur die Möglichkeit, in der Mitte zu ankern. Oder zumindest versuchen wir dort zu ankern. Denn wie so oft hat es durch die starke Strömung allen Sand weggetragen und der Meeresgrund besteht mehr oder weniger aus einer Felsplatte, auf welcher unser Anker kaum halt findet. Durch die drehende Strömung sollten wir aber schon guten Ankergrund haben, um nicht mitten in der Nacht wegzurutschen. Ein Problem, welches sehr bald von einem vorbeifahrenden Speedboot gelöst wird.

Der Fahrer hat uns wohl beobachtet und ist auch direkt bereit, uns eine Lösung zu präsentieren. Am Grund liegen vier riesige Anker, verbunden mit dicken Kettenglieder, welche mittig durch einen Stahlring verbunden sind, so, dass sie ein grosses Kreuz am Boden bilden. Und mit gross, meinen wir GROSS. Jeder Anker wiegt vermutlich fast so viel wie unser Schiff. Jetzt gilt es also, uns irgendwie daran festzumachen. Viel Zeit bleibt uns nicht mehr, die Sonne steht bereits knapp über dem Horizont und sobald sie weg ist, wird die Sicht unter Wasser sehr schnell schlecht. Nach einigem hin und her überlegen kommt ein Schäkel zum Einsatz, um unsere normale Ankerkette um eines der grossen Kettenglieder zu befestigen. Und jetzt, da ich, mit Schnorchel, Taucherbrille und Taschenmesser bewaffnet, am Grund bin, sehe ich endlich, wie gross die Kettenglieder wirklich sind. Jedes Glied ist so lang wie mein Unterarm und auch mindestens so dick. Der Ring, welcher die Anker verbindet, hätte locker gereicht, um hindurchtauchen, wenn ich ihn hätte anheben können. Nur mit Mühe schaffe ich es, eines der Kettenglieder leicht anzuheben, um unsere Kette einzufädeln. Nach dreimal Abtauchen ist die Kette sicher befestigt. Die nächsten Tage werden wir uns ganz bestimmt nicht vom Fleck bewegen und können ruhig schlafen.

Am nächsten Morgen zieht dann der Wind langsam an. Unser Tagesprogramm sieht die nächsten Tage meistens so aus, dass wir am Morgen anfangen aufzuräumen und wann immer wir Zeit finden Kitesurfen gehen. Zwischendurch unterhalten wir uns mit unseren deutschen Nachbarn, oder überreden sie gleich auch zum Kitesurfen mitzukommen. Marco ist ein blutiger Anfänger, macht aber in den paar Tagen in denen wir zusammen in Pipe Cay sind riesige Fortschritte. Er besteht aber auch darauf, dass ich seine brandneuen Kites unbedingt testfliegen soll, und so komme ich in den Genuss neustes Material auszupacken und zu fliegen. Das ist wie Weihnachten. Das einzig Schade ist, dass ich die Weihnachtsgeschenke danach wieder zurückgeben muss.

Nach einigen super Tagen nimmt der Wind leider wieder ab und wir müssen uns langsam wieder nach Nassau aufmachen, weil dort Denise ankommen sollte. Und beim “sollte” bleibt es auch, denn es geht so richtig schief. Am Abend vor dem Abflug, welcher am nächsten Morgen um 8 Uhr hätte sein sollen, wird ihr Flug nach London von der Airline annulliert. Eine Alternative, um den Anschlussflug zu erwischen, gibt es nicht. Auch sonst bietet die Airline keine Alternative und so kurzfristig einen neuen Flug zu buchen ist fast unerschwinglich. So bleibt uns nichts anderes übrig, als alleine weiterzusegeln und so ankern wir noch einige Tage bei Rose Island gleich neben Nassau. Unserem Tagesprogramm bleiben wir natürlich treu. Aufräumen, Putzen und Kitesurfen im Wechsel.


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