Heute Morgen sind wir mit unserem Mietauto früh los, um Lukas und Nathalie am Flughafen abzuholen. Die Fahrt dauert etwas über eine Stunde und führt über Passstrassen, die es gut mit den Alpen aufnehmen können. Heute sind die Wolken, welche immer an den Gipfeln der Inseln hängen, besonders dick. Immer wieder drehen wir, um eine Spitzkehre, um direkt in die nächste Regenwand zu schauen und bald sind wir mitten in den Wolken und sehen kaum noch die nächste Kurve. Erst als wir an der trockenen Westseite der Insel Richtung Flughafen fahren, drückt doch noch ab und zu die Sonne durch. Der Flughafen selber besteht aus einem kleinen Gebäude, und einer Startbahn. Ankunft und Abflug ist in der gleichen Halle. Wir kommen gerade um die letzte Kurve als der Flieger landet. Keine Viertelstunde später kommen uns die beiden entgegen. Das Gepäck folgt nur fünf Minuten später. Die Erkundungsfahrt ist leider etwas ernüchternd. Es regnet den ganzen Tag immer wieder und Lukas ist auch noch krank. Am nächsten Tag wissen wir auch, wieso. Nach einem kurzen Besuch im Spital ist die Diagnose klar: Covid! Wir stellen uns auf einige Wochen Seuchenschiff ein. Am nächsten Tag wird Nathalie krank, einer später Jonas. Nur Leonie scheint ausser einem einzige kleinen Fieberbläschen keine Symptome zu haben. Wir sind uns einig, unser Kapitän ist steinhart im Nehmen.

Nachdem wir noch letzte Vorräte eingekauft haben und unsere Früchte aufgestockt sind, fahren wir in die Nachbarsbucht. Mit gut gefüllten Segeln fahren wir eine gute Stunde später in die imposante Bucht ein. Ein leichter Dunst hängt in der Luft und die Nachmittagssonne schickt ihre Strahlen über die imposante Bergflanke auf unsrer Backbordseite. Auf Steuerbord versperrt uns eine kleine Anhöhe den Blick hinein in die Bucht, welche sich an der Öffnung in zwei Buchten teilt, welche jeweils in ein Tal auslaufen. Die Rechte ist gut geschützt vor Wellen und läuft in ein breites aber kurzes Tal, welches dicht mit Palmen und Bäumen bewachsen ist. Die Linke jedoch mündet in einem tiefen Einschnitt mit fast senkrechten Wänden und Felszacken welche hunderte Meter in die Höhe ragen. Diese Bucht ist zu unserem grossen Glück überhaupt nicht gut geschützt. Eine Welle läuft vom Meer direkt rein und bricht auf dem felsigen Grund. Brechende Wellen! Juhuu! Hier surfen wir ein paar Tage. Zwar sind es nicht die besten Wellen, die wir je gesurft sind, bestimmt aber der Surfspot mit der besten Aussicht!

Als wir drei Tage später unser Covid langsam hinter uns gelassen haben, getrauen wir uns endlich an Land, um einen Spaziergang zum dritthöchsten Wasserfall der Welt zu machen. Während die Wanderung durch den Wald, mit mehreren Flussdurchquerungen wunderschön ist, versteckt sich der Wasserfall hinter einem Felsvorsprung und kann allerhöchstens als „nicht sehr spektakulär“ bezeichnet werden. Trotz Steinschlaggefahr machen wir einen kleinen Schwumm, klettern über glitschige Steine, schwimmen durch einen Felstunnel um uns eine Dusche unter dem schlammbraunen Wasserfall zu genehmigen.

Nächster Halt: Tahuata. Da müssen wir aber zuerst hinkommen, denn Tahuata liegt in der Richtung, aus welcher hier normalerweise der Wind weht. Wir haben jetzt einige Tage auf ein gutes Wetterfenster gewartet und rechnen uns aus, dass der Wind jetzt aus einer Richtung kommen sollte, sodass wir es ohne zu kreuzen schaffen sollten. So segeln wir eine Nacht lang so hart am Wind wie wir können. Trotz schwachem Wind ist das sehr ungemütlich. Am nächsten Morgen taucht zum Glück Tahuata im Licht der ersten Sonne vor uns auf. Ganz hoch genug am Wind konnten wir leider nicht segeln, so müssen wir noch einmal Wenden.

Nach viel Regen in Nuku Hiva empfängt uns Tahuata mit viel Sonnenschein und klarem Wasser. In der letzten Bucht in Nuku Hiva hatten wir keine 30 cm Sicht im Wasser. Teilweise sind wir sogar mit dem SUP an Korallen hängen geblieben, welche wir wegen des trüben Wassers nicht gesehen haben. Hier in Tahuatu ist die Sicht wieder 10-15 Meter und Schnorcheln macht endlich wieder Spass.

So erkunden wir drei Ankerplätze, schnorcheln an den schroffen Felswänden und im offenen Wasser mit Mantarochen und können sogar ein super leckeres und lokales Mittagessen im Restaurant geniessen. Es gibt frisch gefangenen Fisch in verschiedenen Variationen, Pommes und Gemüse. Beim nachträglichen Spaziergang werden wir wieder einmal von der Gastfreundschaft überrascht. Nachdem wir bei einem Lokalen gefragt hatten, ob es irgendwo Bananen zu kaufen gäbe, werden wir direkt mit einem Bund beschenkt. Und als wir, nachdem wir uns bedankt haben, schon wieder am Weitergehen sind, taucht er noch einmal auf, mit einer Handvoll Mangos. Noch einmal lieb Danke sagen und weiter gehts. Doch wir kommen keine 30 Meter, bevor wir hinter uns eine Stimme hören. Der ältere Herr steht schon wieder am Strassenrand, diesmal mit beiden Händen voll Auberginen, die er uns lachend in die Hand drückt. Das nächste Erlebnis erfolgt keine zehn Minuten später. Wir wollen noch Limetten kaufen gehen. Leider hat der lokale Supermarkt kein Gemüse. Trotzdem fragen wir nach und nach kurzem Überlegen meint die Verkäuferin nur, wir sollen doch mal auf der Rückseite des Supermarktes nachschauen, da sei ein Baum. Bald sind die Taschen mit hunderten von Limetten gefüllt!

Als Nächstes entscheiden wir uns für einen kurzen Abstecher an die Nordküste von Hiva Oa. Das liegt zwar nicht direkt am Weg, aber wir haben gelesen, dass die Bucht von steilen Felsflanken eingefasst ist und einen spektakulären Ausblick bietet. Am Ende ist die Bucht tatsächlich faszinierend, gelohnt hat es sich aber hauptsächlich für die Erlebnisse an Land. Schon beim Anlanden werden wir direkt von einem Einheimischen empfangen, der uns bis Bauchtief ins Wasser entgegenkommt und uns hilft unser Dinghy sicher durch die brechenden Wellen zu ziehen. Sofort zeigt er uns sein Garte, seine Kokosnussplantage und das coolste von allem: seine Quelle im Garten. Eine Quelle, eingerahmt von Bananenbäumen und Palmen. Endlich können wir uns, und unsere Wäsche wieder einmal in so viel Süsswasser waschen wie wir wollen. Und kaum sind wir im Wasser, werden wir gefragt, ob wir nicht zum Abendessen vorbeikommen wollen. Das machen wir natürlich gerne. Als Nebeneffekt können wir dabei auch unser Französisch etwas aufpolieren. Zu bestem Essen und ein paar Bier erfahren wir vom Leben in der Einsamkeit, der knapp zweistündigen Fahrt mit dem Boot in das nächste Dorf und auch sonst vieles über das Leben weit ab von der brummenden Zivilisation. Bald erzählt er von der Wildschweinjagt und wie er sein erstes Schwein mit einem selbst gebastelten Speer erlegt hat und wie er daraus eine Halskette gebaut hat für die traditionellen Feste der Region.

Leider müssen wir schon am nächsten Tag weiter zum Dorf. Wir müssen unbedingt einkaufen gehen und in ein paar Tagen scheint sich ein gutes Wetterfenster zu öffnen, um weiter nach Fatu Hiva zu segeln. Der Ankerplatz im Dorf ist sehr schlecht geschützt und wir sind auf jeden Fall froh müssen wir hier nur zwei Nächte verbringen. Auch sonst hat das Dorf, ausser einigen guten Einkaufsmöglichkeiten, wenig zu bieten. Ganz im Gegensatz zu Fatu Hiva. Schon viele Segler haben uns davon als die schönste Insel der Marquesas geschwärmt, viele sogar von der schönsten Insel der Welt gesprochen. Und die hohen Erwartungen werden nicht enttäuscht. Die Ankerbucht, eingebettet in die grünen Klippen, ist definitiv einer der spektakulärsten Ankerplätze, die wir je gesehen haben. Leider hat es auch sehr viele andere Schiffe und das Finden eines geeigneten Platzes auf dem sehr steilen und felsigen Meeresgrund ist nicht ganz einfach.

Für ein ganz spezielles Erlebnis dieser Tage hätten wir aber auch an einem weit weniger schönen Ort ankern können. Schon seit Tagen geht unsere Toilette schwergängig und dann eines Abends passiert, was passieren musste: Sie verstopft komplett. Es ist 23 Uhr, der Tank ist voll und wir können nicht mehr spülen. Wir versuchen an die Schläuche und Ventile zu hämmern, aber es bringt alles nichts. Die nächste Option ist für uns zu versuchen, die Verstopfung von oben zu lösen. Im Deck haben wir nämlich einen Absaugöffnung eingebaut, durch welchen der Fäkalien Tank abgepumpt werden könnte. Gute Idee! Jonas und Lukas stehen auf dem Vordeck und öffnen den Tank, während Leonie im Schiff hilft. Nathalie steht im Cockpit hinter der Sprayhood als plötzlich eine Welle auf die Sprayhood klatscht. Platsch. Die Welle ist leider keine Welle und besteht auch nicht aus Salzwasser, sondern ist eine übelriechende Brühe aus Fäkalien! Kaum war der Deckel des Tanks aufgeschraubt, hat der Überdruck, den wir beim Spülen mit der Pumpe aufgebaut haben, für eine regelrechte Scheissexplosion geführt. Von Kopf bis Fuss in Scheisse gebadet meint Jonas dazu nur, er hätte zum Glück eine Brille getragen. Eine Stunde später sind das Schiff und auch wir alle wieder sauber, die Toilette bleibt aber für die Nacht ausser Betrieb. Nur schlafen können wir vor lauter Lachen kaum. Das „Scheissprojekt“, wie wir es nennen, begleitet uns bedauerlicherweise noch einige Wochen und insgesamt sind wir fast drei volle Tage damit beschäftigt, bis alles wieder einwandfrei funktioniert.

In Fatu Hiva gibt es aber natürlich auch noch Dinge zu erleben, die wir an keinem anderen Ort auf dieser Welt so hätten erleben können. Auch hier hat es einen Wasserfall und eine schöne Wanderung durch den Regenwald. Dieses Mal sehen wir den Wasserfall auch in seiner vollen Grösse und das klare Wasser lädt richtig zum Baden ein.

Ein spezielles Ereignis ganz anderer Art spielt sich im lokalen Schulhaus ab. Zwei Segler aus den USA, Eli und Amy, organisieren zusammen mit drei weiteren Seglern, einen Zirkus für und mit den einheimischen Kindern. Schnell kommen wir ins Gespräch und nach fünf Minuten wird Lukas direkt für eine Feuershow eingespannt, Nathalie fasst einen Job zum Betreuen der Kinder während der Vorstellung und wir übernehmen die Beleuchtung der ganzen Szenen, da die ganze Vorstellung in der Nacht stattfindet. Auch Jonas und Leonie werden eingespannt und versuchen als Filmcrew das ganze Ereignis filmisch festzuhalten. Das Spektakel endet in einem Feuerwerk aus Licht und viel begeistertem Kindergeschrei und Gelächter.

Und so geht auch unsere Zeit hier in den Marquesas langsam dem Ende entgegen. Wir freuen und jetzt auf die Tuamotus, einer Gruppe von Atollen, welche Gegensätzlicher sein könnten. Sandstrand, Riffe und Kokospalmen erwarten uns.


0 Comments

Leave a Reply

Avatar placeholder

Your email address will not be published. Required fields are marked *