Was ist denn das für ein Geräusch? Verschlafen reiben wir uns die Augen… Es klingt wie ein schräges Instrument… Ganz langsam kommen die Erinnerungen an den letzten Tag. Die Wellen, der Sturm… Das ist kein Instrument, das sind Walfische… Unsere Angst und das Zittern, welches jedes Mal durch die Jollity lief, wenn wir eine Welle gesurft sind… War das gerade ein Atemgeräusch?? Sofort springen wir auf. Tatsächlich schwimmen keine 50 Meter von unserem Schiff zwei Buckelwale vorbei. Angestrengt blinzeln wir gegen die helle Sonne, doch langsam klärt sich unser Blick und es offenbart sich uns eine Landschaft wie wir sie nie erwartet hätten. Vor uns ragen Kalksteinklippen aus dem Meer und dazwischen drücken sich kleine Strände und eine üppig grüne Vegetation. Dann bleibt unser Blick am Wasser hängen. Kristallklar sehen wir die Riffe, welche fast 20 Meter unter unserem Schiff liegen. Das ist also Niue, die Insel, welche wir uns gestern so sehnlichst herbeiwünscht haben.

Der Hafen von Niue ist extrem schlecht geschützt an der Westseite der Insel. Keine Bucht und keine Riffe schützen den Hafen und es gibt auch kein gebautes Hafenbecken. Einzig ein grosser Pier wurde ins Meer hinaus gebaut. Es ist somit klar, sobald der Wind nicht mehr auch Osten kommt, werden wir Niue sofort verlassen müssen. Schon mit Ostwind rollte eine kleine Welle bis in den Hafen und kann das Anlanden am Pier erschweren. Wenn aber der Wind drehen sollte, ist dieser Pier nicht mehr benutzbar und auch die Einheimischen können ihre Schiffe nicht mehr ins Wasser lassen. Einzige die Fischer, welche noch mit ihren traditionellen Kanus hinausfahren haben noch die Möglichkeit an anderen Orten der Insel einzuwassern. Weil es keinen geschützten Hafen gibt, gibt es auch keine Möglichkeit ein Schiff im Wasser zu lassen und festzubinden. Deshalb müssen auch wir Segler unser Dinghy mit einem Kran aus dem Wasser heben und auf dem Pier lagern. Wir machen es uns jedoch einfach und paddeln jeweils mit unseren Stand-up-Paddle Boards an Land und heben die von Hand raus. Hier in Niue wird die Seefunkstation, welche wir bei unserer Ankunft kontaktiert haben, vom Telefonanbieter betrieben. Dort sitzt tagein tagaus jemand und hört den Funk ab. Das bedeutet aber auch, dass man sonntagmorgens um 2 Uhr eine SIM-Karte kaufen könnte. Ansonsten ist hier der Sonntag jedoch sehr heilig, alles ist geschlossen und die Insel wie ausgestorben. Trotzdem werden wir an genau diesem Sonntagmorgen von einem Mitarbeiter des Zolls und Immigrationsbehörde empfangen und wir konnten alles Einreisepapiere direkt erledigen. Er erklärt uns auch gleich, was wo zu finden ist und welche Sehenswürdigkeiten wir auf keinen Fall verpassen dürfen.

Niue ist so ganz anders als alle anderen Inseln des Südpazifiks, ein riesiges Hochplateau umgeben von zerklüfteten Klippen, welche die Insel vor den Gewalten des grossen Ozeans schützten. Zwar ist Niue von Riffen umgeben, diese fallen unter der Wasseroberfläche jedoch genauso steil ab wie die Klippen über dem Wasser in die Höhe ragen und so knallen die Wellen ungebremst auf die Insel und spritzen gerne mal 20 bis 30 Meter in die Höhe. Macht man aber ein paar Schritte weg vom Tosen des Meers, fühlt man sich in Niue sofort sicher und geborgen. Man geht durch lichte Wälder mit moosbewachsenen Steinen, entlang von spannenden Felsformationen und über weichen Boden. Und überall blühen Blumen. Bekannte aber auch neue, welche wir nie zuvor gesehen haben, duften um die Wette. Alles in allem ist Niue für uns wie das Paradies inmitten der nassen Hölle des Pazifischen Ozeans.

Für drei Tage haben wir ein Auto gemietet und können so die Insel unkompliziert erkunden und von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit fahren. Wir gehen im glasklaren Wasser schnorcheln, in von Felsen geformten Pools baden und steigen zu Fuss in tiefe Schluchten und Tropfsteinhöhlen.

Irgendwo im Nirgendwo hat jemand einen Skulpturenpark gebaut, wo hauptsächlich aus Abfall und Strandgut Kunstwerke entstehen und beim Besuch im lokalen Museum erfahren wir etwas über die Handwerkskunst, die lokalen Traditionen und über die Geschichte dieses kleinen Landes, welches hier im Pazifik meistens einfach nur “The Rock” genannt wird.

Nur wenige Meter von den pazifischen Wellen entfernt finden wir sogar einen Inland-strand, umgeben von steilen Klippen, aber nicht ohne den obligatorischen Palmen.

Der einzige Wermutstropfen ist, dass die Windprognose schon wieder Starkwind für die folgende Woche vorhersagt. Durch den schlecht geschützten Ankerplatz bleibt uns deshalb fast nichts anderes übrig, als Niue nach fünf Tagen schon wieder zu verlassen. Bei kaum Welle und einer leichten Brise setzten wir am späten Nachmittag Segel und segeln, mit dem Ziel Tonga, in den Sonnenuntergang hinein.


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