Ahoi liebe Leser! Der letzte Blogeintrag endet mit einem defekten Tiefenmesser und zwei Ankernachbarn. Dieser Blog beginnt am nächsten Morgen. Wir wollen unbedingt an Land, um wen möglich unsere Sim-Karte für Internet abzuholen und einen Boots Laden zu finden, um Dinge für unser neustes Projekt zu kaufen: Ein Schwarzwassertank, wie er hier in den USA obligatorisch ist. Ein Schwarzwassertank soll das Toilettenabwasser auffangen anstatt es, wie wir das bis jetzt immer gemacht haben direkt ins Meer abzuleiten. So wie wir das geplant haben, kann der Tank danach entweder an einer speziell dafür gemachten Abpumpstation, von einem Staubsauger für Scheisse, ausgesaugt werden, oder wir können das Abwasser, sobald wir nicht mehr in Küstennähe sind einfach ablassen.

Jetzt aber zurück zur Mission Landgang. Wie immer gilt es abzuklären, wo wir das Dinghy am besten lassen können. Im Gegensatz zu einsamen Inseln hat es in bewohnten Gegenden oft nicht einfach einen Strand, an dem wir das Dinghy liegen lassen können. Und hier kommen unsere Nachbarn ins Spiel. Das einfachste ist wie immer, einfach kurz Fragen zu gehen. Also mache ich einen kurzen Schwenker zum Katamaran, welcher uns am Vorabend so freundlich gewunken hat. Und kaum bin ich in Hörweite, kommt schon ein freundliches „Hello!“. Und während ich noch immer zwanzig Meter vom Boot entfernt bin, werde ich bereits gefragt, ob wir ein „Bananabread“ haben wollen. Das ist ja unerwartet erfreulich! Ich erfahre auch wo ich das Dinghy lassen kann und wir machen ab, dass ich auf dem Rückweg bei Ihnen ein Bananabread abholen darf. Mhmm.

Die Sim-Karte sollte von Amazon an einen Pickup Schalter versendet worden sein. Wie sich herausstellt, handelt es sich dabei um einen Boots Laden. Top! Die Ernüchterung folgt dann genauso schnell, denn leider hat Amazon den Versand bis jetzt nicht hingekriegt und die dringend benötigte Sim-Karte lässt noch auf sich warten. Dafür ist die Ortschaft um so schöner. Und nach einigem Herumlaufen finde ich einen kleinen Park direkt am Stadtdock mit wunderbarer Sicht auf die vorgelagerte Insel und gratis WLAN. Auf dem Schiff gibts vorerst kein Internet, jedoch können wir für alles dringende an Land gehen. Auf dem Rückweg nehme ich dann natürlich das Bananabread entgegen und wir verabreden uns zu einem Glas Wein auf ihrem selbstgebauten Katamaran am späten Nachmittag. Als Gegenleistung bringen wir ihnen ein gutes Stück Thunfisch vorbei, da wir den Riesenmengen sowieso nicht Herr werden. Bei uns gibt es ebenfalls Thunfisch zum Abendessen. Und zwar als Sushi! Während der Überfahrt hatten wir nie Lust den Aufwand zu betreiben und Sushi vorzubereiten. Deshalb ist dies unser erstes Sushi aus selbst gefangenem Thunfisch. Und es ist sagenhaft! In der darauf folgenden Nacht regnet es als würde uns die Wolken als ganzes auf den Kopf fallen. Es regnet so stark, dass wir am morgen in richtiger See in unserem Dinghy vorfinden. Endlich haben wir einen eigenen Pool. Und so baden wir in dem rund 20 cm hoch stehenden Frischwasser in unserem Dinghy.

Am Montag geht es dann endlich zum super netten Zollbeamten um unsere Stempel in den Pass und das „Cruising Permit“ zu erhalten. Das alles ist, entgegen den vielen negativen Berichten, sehr unkompliziert und ohne grösseren Aufwand. Nach nur wenigen Minuten sind wir, mit allem was wir benötigen, wieder aus dem Büro raus und machen uns direkt auf den Weg um eine Covid-19 Impfung zu organisieren. Auch das ist hier wahnsinnig unkompliziert. Wir gehen tatsächlich einfach in die nächste Apotheke und nach einer halben Stunde können wir diese geimpft, mit der ersten Spritze, wieder verlassen. Die zweite Impfung, welche wir in vier Wochen machen müssen, können wir dann an einem beliebigen anderen Ort machen lassen. Danach noch kurz einkaufen gehen. Natürlich einen Grosseinkauf! Nach den Preisen in den Bahamas ist unser Schiff fast komplett leer. Sogar die Teigwaren sind uns ausgegangen. Zum Einkaufen gehen wir zu Lidl… Und kaufen deutsche Produkte… Was soll man sagen? Auf so einer Reise ist das natürlich auch mal wieder schön, unsere mitteleuropäische Küche an Bord holen zu können. Dass aber jedes zweite Produkt in dem Laden in Deutschland hergestellt wurde ist schon eher fragwürdig.

Mit mehreren schweren Taschen und zwei Rucksäcken beladen kommen wir aus dem Supermarkt. Wir schaffen es kaum alles zu schleppen. Kein Problem. Hier in den USA können wir einfach mal eben ein Uber bestellen und uns zurück zum Dock fahren lassen. Oder auch nicht. Die App sucht zwar fleissig nach einem Fahrer für uns, doch ausser Suchen passiert nicht viel mehr. Nach rund 10 Minuten geben wir auf. Die Situation ist offensichtlich. Es scheint genau einen einzige Uber Fahrer in der Umgebung zu geben und der arbeitet im Moment halt gerade nicht. Einen Bus hat es leider auch keinen und laufen kommt nicht infrage. Während wir also Online nach einem Taxi suchen (bei Lidl hat es WLAN), spricht uns auf dem Parkplatz plötzlich eine Frau an. Nach einem kurzen Gespräch darüber, dass Uber hier nicht wirklich funktioniere, meinte sie, dass sie uns sehr gerne kurz hinfahren könne. Dieses Angebot schlagen wir natürlich nicht aus und nur wenig später stehen wir mit all unseren Taschen bei Dinghy. Wieder einmal hatten wir das Glück auf unglaublich nette Menschen zu treffen.

Die nächste Woche verbringen wir damit, unseren Schwarzwassertank einzubauen, vielerlei Dinge zu organisieren, gut zu Essen und zu Trinken und einfach die tolle Umgebung zu geniessen. Der Einbau des Schwarzwassertanks war wie zu erwarten nicht ganz simpel. Wobei dieses Mal alles sehr gut vorbereitet war und wir sehr gut passende Teile gefunden haben, ist es trotzdem immer noch fast unmöglich die Schläuche auf die entsprechenden Anschlüsse zu stecken. Wer schon einmal Verschlauchung in einem Boot gemacht hat, wird das vermutlich kennen. Nachdem wir über Stunden und Tage jeden Schlauch Millimeter für Millimeter auf die entsprechenden Anschlüsse geschoben haben ist das Projekt aber erstaunlich sauber abgeschlossen und funktioniert absolut einwandfrei!

Gegen Ende der Woche zieht es uns dann in den benachbarten Ort: Beaufort. Und während in Morhead City gerade die ganze Sportfischerei Szene der Ostküste um 1.6 Millionen Preisgeld angelt, sieht man zwar in Beaufort noch sehr viele Schiffe parkiert, es finden jedoch keine grossen Partys in Festzelten statt. Das Ziel des Turniers ist ganz simpel: den grössten Marlin fangen! Aber auch andere gute Fänge wie Thunas oder Mahi-Mahi werden belohnt. Der diesjährige Gewinner-Marlin hat ein Gewicht von über 300 kg! Da müssen wir noch ein wenig üben. Apropos werden die Fische, da es sich um Sportangeln handelt fast alle wieder freigelassen um die Bestände zu schonen. Aber zurück nach Beaufort. Ein wunderbares kleines Städtchen welches vor allem durch die Fischerei gross wurde und seine Bekanntheit vermutlich einem Piraten zu verdanken hat. Der vermutlich berühmteste Pirat „Blackbeard“ ist hier vor der Einfahrt zu Beaufort sein Schiff, die „Qeen Anne’s Revenge“ auf die Sandbänke aufgelaufen. Danach soll er noch für eine kurze Zeit in Beaufort gelebt haben bevor er ein halbes Jahr später wieder auf Beutezug ging und dabei erschossen wurde. Ein sehr gutes, und kostenloses, maritimes Museum gibt eindrückliche Einblicke in die Geschichte von Blackbeard, die Bergungsarbeiten vom Wrack und in die maritime Geschichte der Region von sehr frühen Siedlern, über die Zeit als die Fischerei gross war bis heute wo der Ort hauptsächlich von Sportschiffen besucht und geschätzt wird.

Wir ankern im Kanal direkt vor der Ortschaft und hinter einer schmalen Insel welche von wilden Pferden, einer Tausendschaft von Krabben und unzähligen Vögeln bewohnt ist. Neben uns im Kanal stehen alte Bekannte. Flora und Easy-One sind auch nach Beaufort gekommen, ein Schweizer Katamaran treffen wir auch noch und später diese Woche kommt dann auch Tula nach Beaufort. Und so kommt es, dass Jonathan in Beaufort sein erstes Konzert in den USA gibt. Bei einem open-mic Abend spielt er in einer Bar einige Songs und zwei Tage später steht er drei Häuser weiter in einer anderen Bar schon wieder auf der Bühne. Auch hier in Beaufort treffen wir viele spannende Menschen und kurz bevor wir weiter Reisen, dürfen wir sogar noch ein Auto ausleihen, um einkaufen zu gehen.

Das nächste Ziel heisst Cape Lookout. Nach fast zwei Wochen in Morehead und Beaufort in denen wir das Schiff auf vorderman, die Vorräte aufgestockt und unsere Seelen entspannt haben ist es auch schön wieder weiterzukommen. Cape Lookout hat eine riesige Lagune mit hübsch klarem Wasser und einen sagenhaften Leuchtturm. Falls jemand von euch mal in der Gegend ist: eine absolute Empfehlung! Und weil wir am Mittwoch in einer Bar einige Musiker kennengelernt, von welchen einer auch ein Schiff besitzt, gab es auf unserem Schiff kurz nachdem wir geankert haben eine kleine Jam Session von Jonathan und Billy. Billy hat mit seiner Frau und ihrem Schiff eine kurze Ausfahrt gemacht und dazu seine Gitarre mitgebracht. Vorher haben wir aber unsere Mittagessen zu einem kleinen Festmahl zusammengelegt und gemeinsam gegessen. Der Nachmittag verbringen wir bei herrlicher Gitarrenmusik von zwei grandiosen Musikern und das nur für uns ganz privat auf unserem Schiff. Gegen Abend fahren wir dann mit dem Dighy zum Leuchtturm, um den imposanten Turm mit seiner sehr hübschen Zeichnung aus nächster Nähe anschauen zu gehen. Und weil alles so schön ist, zuckt unser Finger immer wieder über den Auslöser der Kamera. Was uns davon bleibt ist ein Riesenhaufen Fotos die sortiert werden müssen.

Wir würden sehr gerne noch einige Tage am Cape Lookout bleiben, doch leider hat das Wetter andere Pläne für uns. Ein Sturmtief zieht seine Wege vom Süden her in Richtung Cape Lookout. Das bedeutet für uns dass wir zwar im ersten Moment sehr guten Wind haben werden um hoch zu segeln, aber auch dass wir sehr bald darauf nicht mehr in der Nähe sein wollen. Der Zeitplan ist also relativ eng. In der Nacht auf Samstag beginnt der Wind langsam anzuziehen und am Sonntagabend soll der Sturm das Kap erreicht haben. Wir entscheiden uns, dass es keinen Sinn hat noch länger zu bleiben und setzten am Samstagmorgen Segel und fliehen. Wie sich herausstellt, geht für uns alles sehr gut auf. Während wir bei super Bedingungen und gutem Wind nordwärts segeln kommt der Sturm immer näher ans Kap. Am Ende haben wir kurz bevor wir unser Ziel in Cape May erreichen sogar noch eine kleine Flaute. Das Sturmtief ist in der Zwischenzeit ganz knapp südlich von uns durchgezogen und hat viel Wind und vor allem sehr viel Regen mitgebracht von dem wir aber überhaupt nichts abgekriegt haben. Uns bleiben jetzt noch einige Tage in Cape May bevor wir Segel setzten und endlich nach New York segeln!

P.S. Der Tiefenmesser läuft immer noch nicht hundert Prozent. Aber das Problem haben wir auf später verschoben.

Categories: TravelUpdates

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