Im Kochtopf brodelt mal wieder ein Chilli con Dosengemüse. Gestern gab es Curry mit Trockenpilzen und Dosengemüse. Morgen steht Polenta mit Tomatensauce auf dem Programm. Die Tomatensauce natürlich gespickt mit Oliven und Gemüse aus der Dose. Ihr merkt jetzt sicher eine Tendenz. Uns gehen die frischen Lebensmittel aus. Einzig der letzte kleine Schluck Benzin im Tank unsres Dighys ist noch bedenklicher. Uns bleibt also nur die Flucht zurück in die Zivilisation, um unsere Vorräte wieder aufzufüllen. Nach mehr als zwei Wochen am Ende der Welt ist uns aber sowieso danach und so warten wir jetzt nur noch auf den richtigen Wind, um die Segel setzten zu können.

Von Double Breasted Cay geht es hoch nach Flamingo Cay, einer der nördlichen Inseln der Ragged Islands. Mit 10-12 knoten bläst uns ein Ostsüdost Wind in die Segel und bringt uns, geschützt durch die Inseln und Riffe super in Fahrt. Ein Segeltag, der sich anfühlt, wie wir uns das zu Hause immer vorgestellt haben. Die Geschwindigkeitsanzeige zeigt konstant 7.5 knoten und als wir auch noch einen Fisch an der Angeln haben, Reffen wir sogar das Grossegel ein. Bringen tut es nicht viel. Auch mit gerefftem Grosssegel und eingerollter Genua fahren wir noch immer über 6 knoten und schaffen es kaum den Fisch reinzuziehen. Nach über einer Stunde Kämpfen ziehen wir dann endlich einen schönen Kopf eines Barracudas an Bord. Kurz hinter den Kiemen ist er jedoch sauber einmal durchgebissen. Da war ein Hai wohl mal wieder schneller. Halb so schlimm. Einen so grossen Barracuda hätten wir, wegen des Risikos uns mit Ciguatera zu vergiften, sowieso nicht gegessen. Ciguatera ist eine Vergiftung, welche durch das Nervengift Ciguatoxin verursacht wird. Ein Gift welches von Einzeller produziert wird welche auf den Algen in den Riffen leben. Diese werden von den Rifffischen gefressen und gelangen so in die Nahrungskette, da das Gift von den Fischen nicht mehr abgebaut werden kann. In den Raubfischen, welche an den Riffen jagen, sammelt sich das Gift und wird, je älter diese werden, irgendwann auch für den Menschen gefährlich. Eine Vergiftung mit Ciguatera ist sehr unangenehm und kann monatelang andauern, da auch wir das Gift nur sehr schlecht abbauen können. Ein Barracuda dieser Grösse wäre uns auf jeden Fall das Risiko nicht wert gewesen. Also leider doch kein Fisch heute.

Später segel wir tatsächlich über eines der berüchtigten blauen Löcher. Blaue Löcher gibt es an vielen Orten in den Bahamas. Sie entstehen durch den löchrigen Kalkstein, aus welchem die Inseln in den Bahamas sind. An einigen Orten entstehen so Löcher im Boden, welche in einen Unterwassertunnel müden. Dadurch wird der Sand ausgespült und die Löcher füllen sich mit der Zeit nicht auf. Diese Löcher können wenige Meter tief sein, können aber auch Tiefen von mehreren Hundert Meter erreichen, wie Dean’s Blue Hole an welchem wir schon schnorcheln waren. Dasjenige über welches wir soeben gesegelt sind, scheint laut unserem Tiefenmesser rund 30 Meter tief zu sein. Noch immer sehen wir hinter uns das tiefe dunkelblaue Loch mitten im türkisen Wasser durch welches wir gerade segeln.

Kurz darauf fällt unser Anker in eine weitere sandige Bucht mit glasklarem Wasser. Der Ankergrund ist wie gewohnt gut und der Anker greift im schweren Sand sofort. Uns bleiben noch knapp zwei Stunden Tageslicht, und so machen wir uns sofort daran, die nahegelegene Höhle mit dem Dighy zu erkunden. Vom Wasser her ist der dunkle Höhleneingang wie das Maul eines riesigen Fisches und wir fahren direkt in seinen Schlund hinein. Drinnen müssen wir aufpassen, den messerscharfen Felsen auszuweichen, welche uns wie Zähne von oben und unten zu zerkauen versuchen. Im hinteren Teil der Höhle führt ein kleines Loch, wieder ins Freie. Wie durch die Speiseröhre eines Fisches, der von einem Hai angebissen wurde, können wir dort das Tageslicht erspähen. Wie komme ich denn nun auf solche vergleiche…

Wieder draussen klettern wir auf den nächsten Berg und gehen auf einen ausgiebigen Spaziergang entlang von schönen Sandstränden und über den löchrigen Felsen mit vielen Wasserlöchern in denen sich kleine rote Krabben zu tausenden tummeln. Erst als wir in der Dunkelheit kaum noch den Weg erkennen können, machen wir uns auf den Weg zurück ins Schiff. Am nächsten Morgen heisst es früh aufstehen. Denn der Wind soll um den Mittag herum komplett zusammenbrechen und wir wollen die 20 Meilen bis zum “Comer Channel” unbedingt noch segeln.

Wir sind auf dem Weg von den Ragged Islands zurück nach Georgetown. Das bedeutet für uns entweder einen Umweg von mehr als 100 Seemeilen, oder wir fahren durch einen von drei sehr untiefen Stellen. Eine davon kommt für uns ganz sicher nicht infrage. Von den beiden übrigen entscheiden wir uns am Ende nach langem hin und her für den Comer Channel. Dieser ist zwar über eine viel längere Distanz untief, dafür aber rund 20 Zentimeter tiefer. Genau in dem Moment als wir uns dem Channel nähern bringt der Wind, wie vorhergesagt fast komplett zusammen. Was für ein perfektes timing. So fahren wir bald darauf mit dem Motor durch die Untiefen bei Comer. Im Gegesatz zum Comersee in Italien ist der Comer Channel bei Niedrigwasser nur rund 1.8 Meter tief. Für unser Schiff definitiv eine Herausforderung. Während wir also, so weit das Auge reicht, von perfekt türkis farbigem Wasser umgeben sind, hängt unser Blick am Tiefenmesser fest. Während rund zwei Stunden sehen wir dort Tiefen von 2.5 Meter. Teilweise springt die Anzeige auch kurzzeitig auf nur 2.4 Meter. Das würde bedeuten, dass wir eigentlich den Boden berühren müssten. Vermutlich hatten wir über längere Zeit nur zwischen 5 und 10 Zentimeter Wasser unter dem Kiel. Dann endlich springt die Anzeige wieder auf rund drei Meter hoch und wir können endlich unsere Umgebung geniessen und sogar die Drohe starten.

Den Abend verbringen wir spontan bei der ersten Insel nur wenige Meilen nördlich vom Comer Channel und das Spezielle an dieser kleinen Inselgruppe ist, dass sie von riesigen Sandbänken umgeben sind, welche bei Ebbe trocken sind und bei Flut komplett im Wasser verschwinden. Wir haben einen ganzen Blogeintrag den Fotos von diesen Sandbänken und den Spuren, welche das Wasser und die Tiere dort hinterlassen, gewidmet. Nach einer wunderbaren Nacht bei totaler Windstille muss uns am nächsten Morgen leider unser schwedischer Wind in Richtung Georgetown schieben. Mit viel Lärm und etwas weniger Diesel im Tank kommen wir aber bald in Georgetown an und machen es uns gemütlich in Erwartung der nächsten Kaltfront, welche starke Nordwinde mit sich bringen soll.

Das Schöne an Georgetown ist, wir treffen alte Freunde wieder und lernen neue kennen. Steve und Sylvia, unsere Landnachbarn von der Werft, sind mit ihrer Canna neben uns geankert. Rod vom Katamaran OH! ebenfalls. Sogar zwei Schweizer Schiffe können wir unter den knapp zweihundert Masten ausmachen. Und so geniessen wir die Zeit mit Schnorcheln und gemeinsamen Abenden. Wir spielen Volleyball und gehen, als die kalte und windige Front über den Hafen hinwegzieht natürlich auch Kiten. Ganz zur Freude aller dort geankerten Boote. Und natürlich futtern wir wieder frisches Gemüse und Früchte so viel wir können! Jetzt sind wir dran mit dem Fressen.


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